No More legen das dritte Album ihres zweiten Frühlings vor
Tatort, Nick Cave und Pop

Was kann man heute von dieser Band erwarten, deren bekanntester Song „Suicide Commando“ von Nick Cave einst als perfekter Ausdruck des 80er Jahre Undergrounds beschrieben worden sein soll?

Deren düster existentialistisches „All Is Well - Senza Macchia“ den ebenfalls düsteren Dortmunder Tatort “Hydra” untermalte?

Die Band No More gründete sich im Jahr 1979 – zu einem Zeitpunkt also, der in der Musik für Umbruch und Innovation steht. Punk und New Wave fegten die Siebziger davon und No More waren von Anfang an mit dabei.

Die Musikszene der Jetztzeit hat jegliche Unverwechselbarkeit jedoch längst eingebüßt.

Andy Schwarz und Tina Sanudakura fragen sich: „Was vermissen wir am meisten?“

Die Antwort lautet: Pop!

Für Tina Sanudakura und Andy Schwarz war diese Erkenntnis einer der Ausgangspunkte für das neue Album „Silence & Revolt“.

 

 

 

Melancholische Euphorie oder euphorische Melancholie?
Nun wird es wohl niemanden überraschen, dass die beiden andere Maßstäbe als die Lemminge des Mainstreams an den Begriff Pop legen.

Im Gegensatz zu „Sisyphus“, das auf hypnotische Loops setzte, bedienen sich No More jetzt auch traditioneller Songstrukturen.
„Silence & Revolt“ präsentiert einen aus den Zwängen der Zeit befreiten Sound.

Die imaginäre A-Seite startet mit dem Uptempo-Beat von „The Man Outside“. Unaufhaltsam kulminiert die Dichte von Gitarren und Synthesizern und einem Gesang, der Geschmeidigkeit, Finsternis und Eingängigkeit miteinander verbindet.

 Nach der euphorischen Melancholie (oder ist es eher eine melancholischen Euphorie?) von „Turnaround“, folgt die erste Single „Stardust Youth“ mit einem entspannt swingenden Glambeat, über dem sanfte, behaglich verlorene Verzerrungen schwingen. No More haben auch keine Angst vor großen Gesten.

 

 

 

Camus auf dem Taksim-Platz und die Revolte, die in der Stille liegt

Im zweiten Teil des Albums kommen auch die atmosphärisch-expressiven Seiten des Duos zum Tragen.

„1816“ (lakonischer Kommentar der Band: „unser erster richtiger Goth-Song“) ist eine Electro-Moritat über Mary Shelleys Erschaffung des ‚Frankenstein’-Romans. 1815 war der indonesische Vulkan Tambora ausgebrochen, dessen Staubwolken drei Jahre lang das Weltklima beeinflussten. Im kalten düsteren Jahr 1816 erschuf Shelley Frankensteins Monster am Genfer See.

„Silent Revolt“ setzt die Bilder, die zum vermeintlich gegensätzlichen Begriffspaar des Albumtitels führen in einem sphärischen Trip um.

Bilder, wie z.B. das von Erdem Gündüz – „The Standing Man“, der zu einer Galionsfigur für den Widerstand auf dem Istanbuler Taksim-Platz wurde, indem er dort… einfach nur gestanden hat. Von seiner stoischen, schweigsamen Revolte wurden viele Menschen inspiriert.

So wie das Mädchen, das auf dem Taksim steht und Camus’ „Sisyphus“ liest.

Hier schließt sich der Kreis und Andy Schwarz & Tina Sanudakura greifen diese Bilder auf.

 

Und dies ist musikalische Revolte im ursprünglichsten Sinne: einfach, nur den inneren Klangvorstellungen zu folgen, die inspirierenden Bilder möglichst genau in Musik und Text widerzuspiegeln – ohne sich einer Szene oder einem Zeitgeist verpflichtet zu fühlen.

 

No More haben ein unverwechselbares Gesicht.

 

 

 

Über No More:

Die 1979 gegründete Band löst sich 1986 auf, doch im Herbst 2008 gehen Tina Sanudakura und Andy Schwarz als No More wieder auf die Bühne.

2010 erscheint das Album „Midnight People & Lo-Life Stars“, 2012 „Sisyphus“.

No More touren durch Clubs in ganz Europa spielen weit mehr als 100 Konzerte, supporten DAF und spielen mit Psyche die „Electronic Legends“-Konzertreihe.

 


Website:

nomoremusic.eu